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„Für Betroffene nehmen wir uns Zeit“

15.08.2023 / Lesezeit: 4 Minuten

Timo Breitenbücher, Ansprechpartner für Leitungsrechte bei terranets bw, im Interview zum Erwerb der Wege- und Leitungsrechte im Abschnitt Mannheim - Hüffenhardt.
 

Timo Breitenbücher ist Ansprechpartner für Wege- und Leitungsrechte bei terranets bw. Seit 2018 ist er für das Vereinbaren der Leitungsrechte bei Neubauprojekten zuständig. Dabei begleitet er die Projekte von ihrem Beginn bis zum Ende: Denn zu seinem Aufgabengebiet zählt auch die Wiederherstellung der Flächen nach dem Bau. Im Interview spricht er darüber, wie terranets bw die Leitungsrechte erwirbt, welche Entschädigungen gezahlt werden und wie die Flächen nach dem Bau genutzt werden können.
 

Herr Breitenbücher, was sind Ihre Aufgaben im Abschnitt der Süddeutschen Erdgasleitung (SEL) zwischen Mannheim und Hüffenhardt?
Im Abschnitt zwischen Mannheim und Hüffenhardt kümmere ich mich um die Vereinbarung und Sicherung der Wege- und Leitungsrechte für terranets bw. Zu meinen Aufgaben gehört die Steuerung des Dienstleisters DMT Engineering Surveying, der für uns in diesem Bereich dort tätig ist. Ich bin bei Gesprächen zum Teil auch selbst vor Ort und Ansprechpartner bei Rückfragen des Dienstleisters oder der betroffenen Eigentümerinnen und Eigentümern sowie Bewirtschafterinnen und Bewirtschaftern. Außerdem betreue ich die Rekultivierung, also die Wiederherstellung der landwirtschaftlichen Flächen nach dem Bau. 


Wegerecht und Leitungsrecht: Können Sie erklären, was der Unterschied ist? 
Ein Wegerecht und ein Leitungsrecht haben zunächst eine Gemeinsamkeit. Beide berechtigen zur Nutzung eines fremden Grundstücks. Das Wegerecht berechtigt allgemein dazu, ein fremdes Grundstück zu betreten und zu befahren. Das Leitungsrecht hingegen berechtigt allgemein dazu, ein fremdes Grundstück zur Verlegung einer Leitung zu nutzen. Dieses muss terranets bw bei den Eigentümerinnen und Eigentümern einholen, um die SEL auf deren Flächen bauen und betreiben zu können. 


Der Bau der SEL betrifft im rund 62 km langen Abschnitt mehr als 3.200 Grundstücke. Kauft terranets bw die betroffenen Grundstücke? 
Nein, ein Kauf der Grundstücke ist nicht vorgesehen. Die von der SEL betroffenen Flächen werden wir über das Leitungsrecht mit einer sogenannten Dienstbarkeit sichern. Nur die Grundstücke, auf denen sichtbare bauliche Anlagen wie etwa eine Gasdruckmessanlage oder eine Armaturengruppe geplant sind, wird terranets bw erwerben. 


Was ist eine Dienstbarkeit?
Eine Dienstbarkeit ist ein Nutzungsrecht an einem fremden Grundstück. Hat terranets bw das Nutzungsrecht erworben, darf das Unternehmen das Grundstück nutzen, ohne es zu besitzen. Eine Dienstbarkeit kann bei einer Gastransportleitung wie der SEL gesichert werden, aber auch in anderen Bereichen. Die Dienstbarkeit einer Fläche, auf der zum Ausgleich für den Bau eine Umweltschutzmaßnahme umgesetzt wird, stellt zum Beispiel sicher, dass diese nicht wieder beseitigt werden kann.


Wie genau verläuft der Eintrag einer Dienstbarkeit?
Die Eigentümerinnen und Eigentümer erhalten von uns die Vertragsunterlagen per Post. Sie beinhalten u. a. die sogenannte Eintragungsbewilligung. Mit dieser „bewilligt“ uns die Eigentümerin oder der Eigentümer die Dienstbarkeit. Da die Bewilligung einer Dienstbarkeit eine beglaubigte Unterschrift voraussetzt, muss dafür eine Notarin oder ein Notar aufgesucht werden. Vor diesem muss sich die Eigentümerin oder der Eigentümer ausweisen. Die beglaubigte Eintragungsbewilligung erhalten wir vom Notariat und reichen sie beim Grundbuchamt ein. Dieses trägt schließlich die Dienstbarkeit ins Grundbuch ein. Damit ist der Vorgang abgeschlossen.


Werden die Eigentümerinnen und Eigentümer bzw. Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter für die Dienstbarkeit sowie den Bau- und Betriebsvorgang entschädigt?
Selbstverständlich. Grundsätzlich sollen Betroffene nach dem Bau oder beim Betrieb der Leitung nicht schlechter gestellt sein als zuvor. Eigentümerinnen und Eigentümer erhalten für die Eintragung des Leitungsrechtes eine Einmalzahlung. Entschädigt werden damit die Nutzungseinschränkung auf dem Grundstück und die einhergehende Wertminderung. Außerdem kommen wir für mögliche Ertragsausfälle bei der Bewirtschaftung oder für Schäden auf, die durch die Arbeiten im Zusammenhang mit der Leitungsverlegung entstehen.


Werden Eigentümerinnen und Eigentümer ihre Flächen nach dem Bau unverändert weiternutzen können?
Ja, eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung und auch der Anbau von Sonderkulturen wie Weinreben ist nach dem Bau weiterhin möglich. Eine Einschränkung gibt es im Schutzstreifen 5 Meter links und rechts der Leitung: Hier dürfen keine baulichen Anlagen errichtet werden.


Wie genau stellt terranets bw sicher, dass die Flächen nach dem Bau der SEL wieder ihre ursprünglichen Funktionen erfüllen?
Die bodenkundliche Baubegleitung gewährleistet die unveränderte landwirtschaftliche Nutzbarkeit. Sie ist bei terranets bw obligatorisch und begleitet die Baustelle über das gesamte Jahr. Die Expertinnen und Experten bestimmen zum Beispiel, wie lange der Bau bei z.B. feuchter Witterung unproblematisch möglich ist. Sie achten darauf, dass der Boden nicht verdichtet oder einzelne Bodenschichten vermischt werden. So stellen wir sicher, dass der Boden an diesen Standorten auch nach der Maßnahme so ertragreich ist wie vorher.

Die bodenkundliche Baubegleitung weiß außerdem, welche Kultivierung nach dem Bau ratsam ist. Gibt es beispielsweise sehr günstige Bedingungen beim Bau, unproblematische Witterung und nur eine kurze Inanspruchnahme der Fläche, kann diese direkt wieder in die landwirtschaftliche Bewirtschaftung überführt werden. Für stärker beanspruchte Flächen, auf denen zuvor Kampfmittel geräumt oder archäologische Funde ausgegraben wurden, ist eine Zwischenbewirtschaftung zu empfehlen. Dann legt die bodenkundliche Baubegleitung gemeinsam mit der Bewirtschafterin oder dem Bewirtschafter geeignete Pflanzen fest, die als sogenannte Gesundungskultur für ein bis zwei Jahre angebaut werden können. 


Welche Maßnahmen zum Artenschutz (CEF-Maßnahmen) setzt terranets bw in Vorbereitung auf den Bau um?
Zum Artenschutz werden temporäre Ausgleichsflächen, sogenannte CEF-Flächen, für verschiedene betroffene Tierarten geschaffen. Hierzu zählen z.B. Buntbracheflächen für Offenlandbrüter wie z.B. Feldlerche oder Rebhuhn, Hamsterausgleichsflächen für den Feldhamster oder Stein- bzw. Gehölzstapel für Reptilien.


Zu Beginn des Jahres fanden verschiedene Infomärkte statt, an denen auch Sie teilnahmen. Wie erleben Sie den Austausch mit den Eigentümerinnen und Eigentümern entlang des Trassenverlaufs?
Den Austausch habe ich als sehr konstruktiv wahrgenommen. Für uns ist es sehr wichtig, direkt mit den Eigentümerinnen und Eigentümern und Bewirtschafterinnen und Bewirtschaftern in Kontakt zu treten. Denn die Expertinnen und Experten sind die Menschen, die vor Ort leben. Auf den Veranstaltungen konnten wir viele wertvolle und sachdienliche Hinweise für die Planung und die spätere Bauphase erhalten. Dafür sind wir sehr dankbar!


Wann rechnen Sie mit dem Abschluss des Wegerechtserwerbs?
Der Bau der SEL ist auf dem Abschnitt von Mannheim nach Hüffenhardt für 2026 geplant. Ich gehe davon aus, dass wir die Zeit bis dahin für den Erwerb der Leitungsrechte benötigen. Der gesamte Prozess ist sehr vielschichtig und es zählen neben dem Einholen der Leitungsrechte viele weitere Gewerke dazu: Vorbereitungen und Voruntersuchungen des Bodens, Kampfmittelsondierungen und das Anlegen von temporären Ausgleichsflächen. Bei all diesen Maßnahmen treten wir mit den Betroffenen in Kontakt. Dafür nehmen wir uns Zeit.
 

Herr Breitenbücher, vielen herzlichen Dank für das Gespräch! 


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