17.12.2024 / Lesezeit: 3 Minuten
terranets bw führt den Bau der SEL umsichtig aus. Dazu gehören die archäologischen Untersuchungen und Grabungen entlang der geplanten Trasse. Sie zählen zur Bauvorbereitung und werden auf dem Abschnitt von Löchgau bis nach Esslingen a. N. seit Sommer 2023 durchgeführt. Zuständig für diese Nachforschungen ist eine Arbeitsgemeinschaft, die eigens für die archäologischen Untersuchungen an der SEL gegründet wurde.
Archäologe Sascha Schmidt koordiniert diese Grabungen. Die von ihm gesteuerten Grabungsteams haben in den vergangenen Monaten weitere Relikte der Vergangenheit entdeckt: Keramikscherben mit Verzierungen und Grundrisse von Häusern, in denen die ersten Menschen vor 7.000 Jahren dauerhaft in Ludwigsburg gelebt haben. Der Fundort passt in die Geschichte: In Ludwigsburg waren die Böden fruchtbar und die Lage ermöglichte den dort lebenden Menschen einen Blick über das Neckartal.
Immer wieder finden die Archäolog:innen außergewöhnliche Objekte, Hinweise und Strukturen: „Bei Grabungen unweit von Freiberg am Neckar haben wir frühmittelalterliche Gräber gefunden. Diese sogenannten Steinkistengräber und Erdgräber stammen aus dem 7. Jahrhundert nach Christus,“ erklärt Sascha Schmidt. „Durch unsere Dokumentation bergen wir das Wissen. Wir schreiben Berichte, machen Fotos und führen Messungen durch. So bleiben Kulturdenkmal und Fundstücke für die Nachwelt erhalten.“
Zunächst werden Flächen voruntersucht, bei denen das Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg archäologische Funde im Boden vermutet. Diese Verdachtsflächen stammen aus einem Archiv an Aufzeichnungen von bereits bekannten Denkmälern, die in den vergangenen 200 Jahren gesammelt wurden. Für die sogenannte Sondage schieben Bagger den Oberboden auf einem Teil der zu untersuchenden Verdachtsfläche ab. So kann die Bodenschicht darunter untersucht werden.
Sofern bei der Sondage geschichtliche Überreste, wie Scherben, Fossilien, Bodenverfärbungen oder Baustrukturen gefunden werden, wird die gesamte Fläche freigelegt und untersucht. Ein Beispiel dafür findet sich in Ludwigsburg-Poppenweiler, wo auf einer Fläche von insgesamt 21.000 Quadratmetern gegraben wird – so groß wie rund drei Fußballfelder.
Dann werden die Befunde und Strukturen im Detail untersucht und systematisch dokumentiert. Die so geborgenen Funde gehören dem Land Baden-Württemberg. Daher werden sie dem Landesamt für Denkmalpflege gemeldet und zu weiteren Untersuchung übergeben.
Seit Sommer 2024 untersucht terranets bw weitere Orte in Ludwigsburg-Neckarweihingen, Besigheim und Freiberg-Beihingen. Erste Luftbildbefunde in Freiberg-Beihingen lassen auch dort auf vorgeschichtliche Siedlungsreste oder Bestattungen schließen. Die Archälog:innen haben dort bereits die Scherben eines Kumpfs entdeckt. Das ist ein henkelloses Gefäß aus Keramik, welches Menschen vor 7.000 Jahren als Vorrats- und Speisebehältnis gedient hat. Dieser und weitere Funde stammen von Siedlungsresten der Ackerbauer und Viehzüchter, die in der Jungsteinzeit etwa 5.000 Jahre vor Christus gelebt haben und sich unter anderem auch im heutigen Freiberg niedergelassen haben.
„Höhenlagen wie die Hochebene unweit vom Neckar haben die Menschen damals gerne besiedelt. Man geht davon aus, dass sich ein großer Wald auf dem Gelände befand, in diesen haben die Menschen Rodungsinseln geschlagen“, erklärt Sascha Schmidt. Durch den Ackerbau waren die Siedler die ersten Personen, die Einfluss auf die heutige Kulturlandschaft nahmen.
Bis voraussichtlich Mitte März werden die archäologischen Grabungen an der Kreisstraße Richtung Benningen andauern, mit einer Winterpause dazwischen. „Mit dem Beginn der Baumaßnahme wird es dann noch einmal spannend, dann steigt erneut die Wahrscheinlichkeit, auf neue Funde zu stoßen“, sagt Sascha Schmidt.
Sie wollen mehr erfahren? Im Video und Interview mit Sascha Schmidt erhalten Sie Eindrücke zur Archäologie an der SEL.